Unser Restaurator, Carl Maria Stepan, stellt sich vor!

Herr Stepan, um sie den Menschen in Pinkafeld ein wenig näher zu bringen, gestatten Sie mir eine vielleicht sehr persönliche Frage. Sie kommen aus einer, ich möchte sagen, sehr bekannten steirischen Familie. Ihr Großvater war als Landeshauptmann unter den ersten Widerstandskämpfern, die von den Nationalsozialisten verhaftet wurden, ihr Vater war Primararzt und ärztlicher Direktor am Landeskrankenhaus in Hartberg. Inwiefern und in welcher Weise haben Sie ihre Herkunft als prägend erlebt?

Ich bin in eine große Familie hineingeboren, mein Vater hatte vier Geschwister, ich selbst hab übrigens auch vier. Prägend war und ist für mich in erster Linie – und das wird wohl in vielen Familien so sein – der Zusammenhalt innerhalb unserer Familie; das Gefühl, dass man sich aufeinander verlassen kann, dass einer für den anderen da ist, wenn er gebraucht wird. Dieses Grundgefühl haben meine Frau und ich versucht, auch an unsre Kinder weiterzugeben. So feiern wir jedes Jahr im Frühherbst mit allen, die´s einrichten können zu kommen, ein „Familienfest“ mit heiliger Messe bei uns im Garten.

Durch meinen Vornamen, mein Ältester heißt übrigens auch Karl Maria, wurde ich oft auf Großvater und Vater angesprochen. Durch diese beiden, die für mich jeder für sich, und gemeinsam in ihrem tiefen Glauben, herausragende Persönlichkeiten waren, fühle auch ich mich angehalten, zu versuchen, die von ihnen gelebten Werte zu leben und weiterzugeben.

 

Bei einem Besuch in ihrem Atelier haben Sie so nebenbei erwähnt, dass Sie erst später die Liebe zum Beruf des Restaurators entdeckt haben. War irgendetwas Bestimmtes dafür ausschlaggebend, dass Sie dann zu dieser Tätigkeit gefunden haben? Was fasziniert, begeistert Sie an ihrer Arbeit?

Das stimmt so nicht ganz: Meine vorrangigen Interessen, schon als Jugendlicher, waren Geschichte, und da vor Allem die Kunstgeschichte und daraus resultierend die Erhaltung und Bewahrung von Kunst und Kultur als Teil unserer Vergangenheit und unseres Selbstverständnisses. So fuhr ich schon damals mit 18 einen Sommer lang mit dem damaligen Landeskonservator Utzi Kodolitsch von Baustelle zu Baustelle durch die Steiermark. Das Jusstudium – mein Vater wollte, dass ich zuerst was „Gscheites“ lern – habe ich nach bestandener erster Staatsprüfung abgebrochen (aus mir wäre nie ein guter Jurist geworden) und dann mit der Tischlerlehre, als Rüstzeug für den Beruf des Holzrestaurators, begonnen. Daher die von Ihnen angesprochene Verspätung.

Der Umgang mit den mir anvertrauten Objekten macht die Faszination und Freude aus in meiner Arbeit als Restaurator. Vom Augenblick des „Kennenlernens“ an, durch das Erfassen von Form und Proportionen, mit Gedanken zu seiner Entstehung (oft finden sich noch Werkzeugspuren), über die Eigenheiten der historisch oft typischen Konstruktion, wie auch über die oft mehrfachen, immer gutgemeinten, Überarbeitungen durch meine Vorgänger, versuche ich die Objekte und ihre Geschichte zu „lesen“ und daraus ein Konzept zu entwickeln für die, mir notwendig erscheinenden Maßnahmen. Oft schleich ich tagelang darum herum (fragen Sie meine Mitarbeiter!), betrachte sie im Vorbeigehen aus dem Augenwinkel, bis ich dann endlich Hand anlege an etwas, das lange Zeit vor mir schon jemand Anderes versucht hat, möglichst schön und perfekt zu gestalten.

Die Prämisse meiner Arbeit ist es, die Objekte nach der Konservierung, bzw. Restaurierung so aussehen zu lassen, als hätte man sie seit ihrer Entstehung gut und pfleglich behandelt – Gebrauchs- und Altersspuren sind somit Teil ihrer Geschichte.

 

Was geht Ihnen als Fachmann so durch den Kopf, wenn man das erste Mal vor so einem „Kasten“ steht?

Vor so einem „Kasten“ zu stehen, ist jedesmal eine neue Herausforderung, gepaart mit einer gewissen Ehrfurcht vor dem „Kasten“ selbst, in Bezug auf seine Entstehung und Geschichte, und einer, gewissermaßen detektivische Neugierde in Bezug auf auf seine Herkunft, seine Bauart und eventuelle, diverse Veränderungen.

 

Von den Experten des Denkmalamtes wurde das Orgelgehäuse als besonders wertvoll eingestuft. Können Sie uns Laien erklären, was an diesem Gehäuse so besonders und künstlerisch wertvoll ist und warum die Entscheidung, die Originalfarbgebung herauszuarbeiten, eine gute Entscheidung war?

Können Sie sich erinnern, Herr Lukschander, als wir beide, nachdem der Prospekt fertig aufgebaut war, unten im Kirchenschiff gestanden sind und hinaufgeschaut haben? Diese feierliche Zartheit und Leichtigkeit, die die Orgel plötzlich ausstrahlte? Ich denke, das war wohl genau das, was der Erbauer mit seinem Werk ausdrücken wollte. Durch die großflächig aufgestupfte, nicht sehr qualitätvolle und obendrein im Farbton dumpf und schwer anmutende Überarbeitung der Marmorierung, war das Gesamterscheinungsbild der Orgel völlig verändert worden. Die Oberfläche in ihren originalen Zustand rückzuführen halte ich daher, trotz des großen Aufwandes, für eine konsequente und richtige Entscheidung.

 

Was waren für Sie und Ihr Team so die besonderen Herausforderungen bei der Arbeit an unserem Orgelgehäuse?

Die erste Herausforderung war die Freilegung, sprich, die Abnahme der rezenten Überfassung, selbst; die Sorge, ob sich das Ergebnis meiner kleinflächigen Probearbeit auf die doch großen Flächen des Prospektes wird umlegen lassen. Durch eine trennende Lackschichte auf der Originalfassung war es möglich, die Überarbeitung vorsichtig abzusprengen. In, teils großflächigen, Bereichen, in denen diese Lackierung vergessen, oder nur hauchdünn ausgeführt wurde, konnten wir die rezente Fassung mit Lösungsmittelmischungen, die das Original nicht angreifen, abnehmen.

Die Retouche der durch Abrieb und zahlreiche Gravuren stark reduzierten Flächen, sowie die Neufassung fehlender Marmorierung im Sockelbereich, konnte, so finde ich, nach genauer Analyse der Abfolge der einzelnen Farbschichten in der originalen Marmorierung, vor Allem von meinem Mitarbeiter Peter Liebmann, sehr zufriedenstellend umgesetzt werden.

Nicht zuletzt hat mich der Transport und Wiederaufbau des Prospektes im Vorhinein einige Nerven und wenig geschlafene Nächte gekostet. Die doch recht großen und sperrigen Einzelteile mit ihren empfindlichen, frisch restaurierten Flächen bis in die dritte Etage des Gerüstes zu bekommen und sie dann behutsam und ohne uns selbst zu gefährden, wieder einzubauen, war aber, dank der durchdachten Gerüstung des Herrn Harmtodt und die gut eingespielte Zusammenarbeit meiner Mitarbeiter, verstärkt durch zwei meiner Söhne, eine gut zu lösende Aufgabe.

 

Haben Sie irgendwann einmal bereut, diese Arbeit angenommen zu haben?

Nein, Nie!

 

Ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen und wünsche Ihnen für das Jahr 2021 alles Gute!

 

MMag. Alfred Lukschander, Schriftführer